Artenreiche Pfeifengraswiese mit Breitblättrigem Knabenkraut (Dactylorhiza majalis) im Mai 2021

Immer wieder faszinierend: Die Orchideen auf Brandenburgs Wiesen – Ein erster Überblick

Weltweit gibt es über 10.000 wild wachsende Orchideenarten. Sie gedeihen nicht nur in den tropischen und subtropischen Klimazonen. Eine relativ geringe Anzahl ist auch in Deutschland heimisch. Insgesamt sind es etwa 90 unterschiedliche Arten, die alle nach dem Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) besonders geschützt sind. Wie die meisten Vertreter der Gattung Phalaenopsis, wachsen viele tropische Arten auf Bäumen. Unsere einheimischen Orchideen werden wir dort vergebens suchen. Es sind sogenannte Geophyten. Sie wachsen im Boden. Die Ruhephase im Winter verbringen sie zurückgezogen als Knolle oder Rhizom. Eine Ausnahme bildet das in Brandenburg ausgestorbene Kleine Knabenkraut (Orchis morio). Nach einer Ruhephase im Sommer erscheint bereits im Herbst eine Rosette, aus der im zeitigen Frühjahr der Blütenstengel austreibt.

Im Stadtgebiet von Brandenburg an der Havel gibt es 4 Orchideenarten, die ausschließlich auf Wiesen vorkommen. Eine fünfte Art ist das Große Zweiblatt (Listera ovata). Sie zählt nicht zu den reinen Wiesenorchideen, sondern wächst zusätzlich in lichten Wäldern und Parkanlagen. Zwei Waldstandorte befinden sich bei Gollwitz und einer im Naturschutzgebiet (NSG) Gränert. Im Gegensatz dazu, finden wir das Große Zweiblatt auch auf einer Pfeifengraswiese im NSG Große Freiheit bei Plaue .

Name (wissenschaftlicher Name)Rote Liste BRDAnzahl der WiesenstandorteAnzahl der Exemplare der größten Population
Breitblättriges Knabenkraut (Dactylorhiza majalis)3: Gefährdet71500
Fleischfarbenes Knabenkraut
(Dactylorhiza incarnata)
3: Gefährdet650
Sumpf-Stendelwurz (Epipactis palustris)3: Gefährdet3ca. 50
Sumpf-Knabenkraut (Orchis palustris)1: Vom Aussterben bedroht27
Großes Zweiblatt (Listera ovata)*: Ungefährdet11
Helm-Knabenkraut (Orchis militaris)3: Gefährdet0n/a
Kleines Knabenkraut (Orchis morio)2: Stark gefährdet0n/a
Die vorkommenden und ausgestorbenen Orchideenarten in Brandenburg an der Havel sortiert nach Häufigkeit (Stand 2021)

Bodenpilze – Essentiell für die Entwicklung der Pflanzen

An ihre Lebensräume stellen Orchideen spezielle Ansprüche. Eine Voraussetzung für die Keimung ist die Existenz geeigneter Pilze im Boden. Jede Pflanze produziert tausende winziger Samen. Da die Samen kein Nährgewebe enthalten, übernehmen die Bodenpilze die Versorgung der Embryonen und Jungpflanzen mit Nähstoffen. Nach der Keimung dauert es etwa 4 Jahre bis zur ersten Blüte. Eine gute Prognose besitzen Populationen auf nährstoffarmen wechselfeuchten bis nassen Mähwiesen. Etwa die Hälfte der Orchideenstandorte im Stadtgebiet sind Pfeifengraswiesen. Dieser Lebensraumtyp ist nach dem gleichnamigen Süßgras benannt. Da das Pfeifengras keine Knoten bildet, wurden dessen Stengel früher zum Reinigen von Pfeifen verwendet.

Erfolgreiche Zusammenarbeit für den Artenschutz

Damit unsere Brandenburger Orchideen in den nächsten Jahren nicht von den Wiesen verschwinden, arbeiten Landwirte, Kommunal- und Landesbehörden, Flächeneigentümer, der Botanische Garten der Universität Potsdam und engagierte Artenschützer der Naturschutzverbände zusammen. Die Artenschützer untersuchen die Bestandsentwicklung und beraten die Landwirte und Flächeneigentümer bei der Bewirtschaftung. Des Weiteren führen sie notwendige Biotopspflegemaßnahmen durch. Dazu zählt die Wiesenmahd und das Entfernen von Gehölzen.

Bestandsrückgänge dürfen nicht demotivieren

Trotz großer Anstrengung konnten Verluste in den letzten Jahrzehnten nicht vermieden werden. Nach Angaben meines ehemaligen Biologielehrers Herrn Pieper, gab es Knabenkräuter im Brutvogelschongebiet Gleisdreieck in Kirchmöser. Leider ist es mir nicht gelungen, mehr Details darüber zu erfragen. In den 1990er und 2000er Jahren gab es Totalverluste von 4 Orchideenarten an zwei Stellen im NSG Roßdunk, auf zwei Pfeifengraswiesen im Wittstocker Gäßchen, im Breiten Bruch und an mehreren Fundorten in den Planewiesen. Das Fleischfarbene Knabenkraut wurde vor etwa 10 Jahren im NSG Große Freiheit bei Plaue durch Nacktschneckenfraß fast vollständig vernichtet.

Ein hoher Konkurrenzdruck, zum Beispiel durch Schilf (Phragmites australis) und dem Echten Mädesüß (Filipendula ulmaria), führen in unserer Region schnell zum Rückgang der Orchideen. Aus diesem Grund sollten die Wiesen nicht gedüngt, dafür aber regelmäßig gemäht werden. Trockenheit und Überstauung können einen Bestand ebenfalls schaden und im Extremfall vernichten. Ein Beispiel dafür ist die starke Entwässerung einer Pfeifengraswiese bei Saaringen. Dort blühten 2021 nur noch 4 Pflanzen. Im Breiten Bruch wurde vor etwa 20 Jahren ein Bestand des Fleischfarbenen Knabenkrautes mit über 1000 blühenden Exemplaren beinahe vollständig vernichtet. Ein weiterer wichtiger Faktor für den Erhalt eines Orchideenbestandes ist die Mahd oder Beweidung. Die Mahd sollte nicht zu früh und nicht zu häufig erfolgen. Ein Bestand von 100 Pflanzen des Fleischfarbenen Knabenkrautes auf der Pfeifengraswiese bei Saaringen konnte sich nach einer Mahd im Jahr 2010 während der Blüte bis heute nicht mehr erholen. Wenn in dieser Zeit die Blätter entfernt werden und nur unterirdische Teile übrig bleiben, kann die Pflanze nicht mehr assimilieren. Die vollständige Ausbildung einer neuen Knolle, die für die Überwinterung benötigt wird, ist nicht mehr möglich. Die Pflanze wird geschwächt oder stirbt ab.

Mitmachen lohnt sich

Abschließend gebe ich den vorhandenen Brandenburger Wiesenorchideen eine gute Prognose. Eher schlecht sieht es für die beiden ausgestorbenen Arten aus. Für die Wiederansiedlung gibt es im Stadtgebiet keine geeigneten Flächen. Etwas anders sieht es hingegen außerhalb des Stadtgebietes aus. Die Wiederansiedlung des Helm-Knabenkrautes auf einem historischen Standort bei Brielow wird gerade vorbereitet. Parallel zur Pflanzenanzucht im Erhaltungskulturbeet erfolgt eine regelmäßige Beseitigung des Aufwuchses auf der Wiese.

Wer sich für den Erhalt der faszinierenden wild wachsenden Orchideen engagieren möchte, kann sich an die Vorsitzenden der regionalen Naturschutzvereine wenden:

Bodo Rudolph – NABU Regionalverband Brandenburg Havel e.V. – Telefon: 03382-700117 – bodo.rudolph.nahmitz@t-online.de

Michael Weggen – Naturschutz Brandenburg e.V. – Telefon: 03381-801643 – mweggen@t-online.de